Der Kauri Baum
Der Herr des Waldes ist über 50 Meter hoch und hat einen Bauchumfang von 15 Metern. Über sein Alter schweigt er beharrlich, aber Biologen schätzen diesen stattlichen Kauri Baum auf annähernd 2000 Jahre. Zu einer Zeit, als die Römer in Germanien einfielen, keimte hier ein kleiner Samen, wuchs über die Jahrhunderte langsam empor und schaffte es, den Raubbau der frühen Siedler und Maori zu überdauern.
Tane Mahuta, Herr des Waldes, nennen ihn die Maori. Ehrfürchtig stehe ich vor diesem gigantischen Kauri Baum und fühle mich klein. Es ist nicht nur die Größe, die beeindruckt, vielmehr die Atmosphäre, die den Riesen umgibt. Diesen Baum besucht man nicht einfach, man macht einem Herrscher seine Aufwartung.
Die Maori Mythe
Einst lagen Vater Himmel und Mutter Erde in inniger Umarmung, ihre Kinder gut behütet zwischen sich. Dort war es dunkel und eng, die Kinder wurden unruhig und wollten raus. Jedoch gelang es keinem der Götterkinder, das Paar zu trennen. Aber dann stemmte sich Tane Mahuta, der älteste Sohn, zwischen sie, langsam und unaufhörlich drückte er die beiden auseinander und trennte die Liebenden, so dass die Welt des Lichts, der Halbgötter und Menschen entstand.
Mit bloßem Auge sind die Blätter der ausgefransten Baumkrone in der Höhe kaum auszumachen. Mit dem Tele zoome ich die Krone heran und sehe eine Vielfalt von Pflanzen, Moosen, Flechten, die der Herrscher in seiner Krone beherbergt. Ein ganz eigenes Ökosystem ist da entstanden, voller Leben in den von Wind und Wetter zerzausten Ästen. Ein Penthaus-Biotop sozusagen.
Ein einzelner Kauri Baum, der zur Gattung der Araukarien gehört, beherbergt rund 60 verschiedene Spezies, bietet ihnen Nahrung, Lebensraum und Schutz. Das starke und doch elastische Holz und sein aufrechter Wuchs jedoch wurden dem Kauri zum Verhängnis. Die geraden Stämme gaben beste Schiffsmasten und Planken, ebenso Bauholz für Häuser ab. Die frühen Siedler und die Maori gleichermaßen holzten ganze Waldstücke ab.
Heute steht der Kauri unter besonderem Schutz. Neuseeland wurde erst um 1300 von Menschen besiedelt, und Säugetiere gab es bis dahin auch nicht. Jahrtausende lang unbehelligt von Menschenfüßen und buddelnden und nagenden Tieren ist der große starke Baum ein erstaunliches Sensibelchen, denn diese Giganten haben keine Schutzkräfte gegen Eindringlinge oder Krankheitserreger entwickelt. Am Eingang in den Wald besprühe ich meine Schuhe mit einem keimtötenden Mittel, das in einem Faß bereitsteht. Es soll einen eingeschleppten Keim abtöten, der Wurzelfäule verursacht und die Bäume regelrecht zu Tode hungern läßt.
Ein Schild am Eingang in den Wald belehrt mich, den Weg nicht zu verlassen und meinen Müll wieder mitzunehmen.
Aber wer wagt es schon, seinen Müll im Palast eines Herrschers zu hinterlassen.
Möchten Sie Tane Mahuta selbst sehen und staunen? Wie wärs mit einer Reise nach Neuseeland?